Das Buch ist eine vollständige, zuweilen recht wissenschaftliche und sehr detaillierte Biographie , dessen Kapitel hauptsächlich nach Wirkungsorten und in den letzten zwei Kapiteln nach sein Hauptwerken angeordnet sind. Der Autor ist Chinese-American, der daher auch chinesische Quellen berücksichtigten kann. Das Buch wird vom Kapitel Beijing an ausserordentlich lebendig, und brilliant, geradezu einzigarig wenn es Riccis Argumentation beschreibt. Man glaubt wirklich dabei zu sein, im “Hostel for Barbarians” eine Art Hotel Lux oder bei den vielen Konversationen deren Eleganz noch im Englischen fühlbar ist. Ricci war als Begründer der Chinamission – in einer Zeit von offener Xenophobie eine beachtliche Leistung – einer der bedeutendsten Vermittler europäischer Ideen nach China. Zugleich aber brachte er zum ersten Mal Kenntnisse über Gesellschaft, Geschichte und Kultur der Chinesen der späten Ming-Zeit nach Europa. Ricci ist Begründer der Akkommodationsmethode und Inkulturation. Er lernte die Landessprache, studierte die chinesische Literatur und nahm einen chinesischen Namen an. Er pflegte die Lebensgewohnheiten und Umgangsformen der Gelehrten des Landes, mit denen er in freundschaftlicher Beziehung stand. Als Adressaten seiner missionarischen Vorgehensweise sah Ricci primär die konfuzianische Bildungselite. Der Bezug zu den Eliten des Landes hatte überdies zum Ziel, den Kaiser zu erreichen und möglicherweise zum Christentum zu bekehren, um dann von oben das ganze Reich zu christianisieren. Das Buch stellt ausgezeichnet sein Hauptwerk vor, das versuchte ein etwas vereinfachtes Christentum mit dem Konfuzianismus zu verbinden (in klarer Gegnerschaft zum Taoismus und Buddhismus). Die Querverbindungen z.B. zu Galileo Galileis Wirken oder den Nestorianischen Zeugnissen die die Jesuiten vorfanden werden im Buch kaum erwähnt. Der Index ist etwas dünn, die Fülle der präsentierten Fakten erschliesst sich erst durch aufmerksames Lesen. Das sehr informative Buch geht, wie zu erwarten ist, exzellent auf die Interaktionen der verschieden Religionen und Kulturen aus chinesischer Sicht ein. Oft werden die vielen Gespräche, die Ricci mit den “hochgestellten aber machtlosen Verwandten”, den mächtigen Generälen und den vielen Mandarins geführt hat, zitiert oder Dialoge nachgestellt. Das macht den grossen Reiz des Buches aus. Der Autor ist Professor der Pen Universität und es gibt gute youtube Interviews von ihm.
Ricci in Macerata und Rom
Matteo Ricci stammte aus Macerata. Dort besuchte der das Jesuitenkolleg und studierte Jurisprudenz in Rom, bevor er1671 ins römische Noviziat der Gesellschaft Jesu eintrat. In seiner weiteren Ausbildung studierte er Philosophie und Theologie, aber auch Mathematik beim berühmten P. Christoph Clavius Mathematiker, Astronom und Jesuitenpater am Collegio Romano, der kollegial-freundschaftliche Beziehungen zu Galileo Galilei unterhielt . 1578 wurde Matteo Ricci als Missionar nach Asien entsandt, hielt sich zunächst im indischen Goa auf. Die große Sehnsucht des Jesuiten (1552-1610) galt der christlichen Mission in China, wo bisher alle Versuche, Fuß zu fassen fehlgeschlagen waren.
Die Überfahrt
Gute und packende Beschreibung der pysischen Anstrengung und Gefahren einer solchen Überfahrt und der bewunderswerten Disziplin der Jesuiten,
Ricci in Goa
Mit der Ankunft des italienischen Jesuiten Matteo Ricci beginnt 1583 die christliche Mission in China , aber erst 1601 konnte er Peking betreten. In den ersten Jahren sind Ricci und seine Gesellen allein schon aus sprachlichen Gründen unfähig, ihre Lehre auf Chinesisch angemessen zu formulieren, daher verwundert es nicht, dass die Christen anfangs tatsächlich als eine Spielart des Buddhadharma missverstanden werden; kommen sie doch – wie die Lehre des Buddha – auch aus dem fernen Westen, und die Statue der Madonna mit Kind wird von den Buddhisten als Darstellung der Guanyin gedeutet.
Ricci in Zaoqing
1583 ließ er sich in Zhaoqing in der Provinz Guangdong nieder, gemeinsam mit seinem Mitbruder und Landsmann Michelle Ruggieri, dem er als Assistent zugeteilt worden war. In den ersten zwölf Jahren seiner Tätigkeiten passen sich die Jesuiten äußerlich an buddhistische Gepflogenheiten an, sie tragen die in China übliche buddhistische Mönchskleidung und bezeichnen sich selbst als “Bhikkhu” (chin. seng), leben in buddhistischen Klöstern oder in deren Nähe.
Ricci in Shangzu
Er ging zuerst nach Shangzu, und dort konnt er er schon ohne Übersetzer auskommen. Er nahm die Kleidung des gebildeten Chinesen an. 1598 unternahm er einen erfolglosen Versuch, sich in Peking zu etablieren. Er musste 1599 nach Nanking ausweichen fand aber dort eine völlig veränderte Situation vor. Die höchsten Mandarinen wesentlich offener. Trotzdem glaubte Ricci, dass seine Gemeidegründungen in den Provinzen nicht sicher waren, wenn sie nicht von der Hauptstadt autorisiert waren.
Ricci in Nanchang
Als er 1595 erfolglos versucht sich in Nanking, die berühmte alte Hauptstadt im Süden von China, niederzulassen, konnte er dort eine christlichen Kirche gründen. Ricci verbrachte drei Jahre (von 1595 bis 1598) in Nanchang, eine Provinzhauptstadt (Jiangxi) im Südosten und schrieb seinen Freunden in Italien; “Nanchang hat saubere Straßen und ist mindestens zweimal so groß war, wie Florenz”. Nanchang war die Hauptstadt von von Kiang-si, welche auch viele gebildete gebildeten Männern hervorbrachte.
Ricci in Nanjing
Nanjing (Südliche Hauptstadt auch Nanking) war zeitweise, Hauptstadt des chinesischen Kaiserreichs in Ostchina.Nachdem Ricci 1595 in der alten Hauptstadt Nanking eingetroffen war, musste er zunächst wieder umkehren, ehe er sich 1598 dort dauerhaft niederlassen konnte. Nanjing ist die Stadt, in der sich Matteo Ricci und Xu Guangqi zum ersten Mal im Jahr 1600 trafen. Im Laufe der Zeit rücken Matteo Ricci immer deutlicher vom Buddhismus ab und vertauschten die buddhistischen Roben mit dem Gelehrtengewand der Konfuzianer. Ricci beginnt den Buddhismus scharf anzugreifen, was sich in öffentlichen Disputationen (Ricci gegen Sanhuai Xuelang 1599 in Nanjing) und Riccis Hauptwerk Tian zhu shi yi (Wahre Idee des Himmelsherrn) äußert – sehr zur Verwunderung der Chinesen, die gerade im Hinblick auf die beiderseitig erfolgreiche Begegnung mit dem Nestorianismus einige Jahrhunderte früher durchaus gerade geneigt waren, Ähnlichkeiten zwischen Christentum und Buddhismus zu sehen.
Ricci in Beijing
1601 gelangte er schließlich bis nach Peking und dort bald auch in die „Verbotene Stadt“, wo er als Botschafter der Europäer anerkannt und am kaiserlichen Hof als Mathematiker, Astronom und Kartograph tätig war. Er erstellte die erste Weltkarte, die China nicht als „Reich der Mitte“, sondern als Teil einer größeren Welt zeigte. Überdies erkannte Ricci die Bedeutung der Vermittlung europäischerWissenschaft (Mathematik, Astronomie, Geographie), der Technologie und der Künste (Malerei, Architektur, Holzschnitt) für den Dialog mit der Führungsschicht. Daher sind die Jesuitenmissionare vor allem als Mathematiker und Astronomen tätig. Neben diesem kartographischen Werk, das für China eine neue Weltsicht mit sich brachte, verfasste er zahlreiche weitere Schriften in Chinesisch, so einen Traktat über die Freundschaft und Abhandlungen über die Elemente der Geometrie und über die Agrikultur sowie mathematische und astronomische Schriften.
Das Hauptwerk (The true meaning of the lord of heaven)
In seinem Hauptwerk wurde der chinesische Philosoph Konfucius quasi von einem frühen, heidnischen Verkünder einer hochstehenden Ethik und Moral zu einem Monotheisten. In den alten konfuzianischen Büchern fand Ricci einen Urmonotheismus, während er den zeitgenössischen Konfuzianismus als rein säkulare Staatsphilosophie ansah. Chinesen konnten damit Konfuzianer und Christ zugleich sein, da Ricci ihnen die Teilnahme an den konfuzianischen Riten erlaubte, die nicht abergläubisch seien. Damit machte er die eigentlich fremde Religion des Christentums einigermassen kompatibel für die Chinesen. Andere Religionen Chinas lehnte er jedoch ab, so Buddhismus, Daoismus und den Neo-Konfuzianismus, denen er die “Verfälschung” des konfuzianischen Urmonotheismus zuschrieb.
Laying the foundation
Er wollte dem katholische “HQ” nachweisen, dass die christliche Lehre mit den besten Traditionen Chinas nicht nur kompatibel war, sondern ihre Erfüllung darstellte. Ricci praktizierte aber nicht nur eine äußerliche Anpassung an die Kultur, sondern hatte eine innere Interkulturalität im Auge, in der es zum wissenschaftlichen Austausch und zum geistigen Dialog kommt. Dies drückt sich in einem weiteren Element der Missionskonzeption aus, nämlich der indirekten Verbreitung des Glaubens durch Wissenschaft und Technologie, der seine Übersetzungen mathematischer Werke diente. Gegenüber diesem Konzept der Missionierung und Integration mit der kulturellen Traditionen des Landes setzte die römische Kongregation De Propaganda Fide seit ihrer Gründung 1622 mehr auf die Bildung von Gemeinden unter dem Volk.
The man of paradox
Sein zweitwichtigstes Buch das zu eient einem berühmten Schriftwechse führte. All diese Elemente einer Akkomodation kam auch in der Folgezeit zum Tragen und wurde von Gestalten wie Adam Schall von Bell und Ferdinand Verbiest weitergeführt, die Zugang zum Hof hatten. Sie waren insbesondere am Kaiserhof, wo sie sich durch ihre Kenntnis derWissenschaften unentbehrlich machten. Denn sie vermochten die für das chinesische Staatswesen wichtigen Sonnen- und Mondfinsternisse (Glücks- und Unglückstage) exakter zu berechnen und konnten so dartun, dass sie nicht nur vom irdischen Himmel und seiner Mechanik mehr verstanden, sondern auch vom „Herrn des Himmels“. Die Grundsätze der Chinamission der Jesuiten, also die „Akkomodation“ an die chinesische Kultur, die Evangelisierung von oben nach unten war damals gängige Praxis aber die die indirekte Glaubensverbreitung durch Wissenschaft wohl eher der Renaissance geschuldet der Kulturepoche, in der die sowohl klerikale wie säkulare Eliten an Naturwissenschaften hochinteressiert waren. Dieser Aspekt wird im Buch wenig behandelt, gerade die spannende Geschichte des Pekinger Observatoriums und seinen Nachfolgern (das Geschehen war ja auch nach seinem Tod – aber er schuf das Netzwerk).