Schon im Gründungsvertrag der Europäischen Union, der am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichnet wurde, war klar: Wichtige Währungsfragen sollen künftig gemeinsam entschieden werden. Die Wirtschafts- und Währungsunion war beschlossen, der Grundstein für den Euro gelegt. Der deutsche Bundestag ratifizierte den EU-Vertrag im Dezember 1992. Kurz darauf wurde zudem die „Entwicklung der Europäischen Union“ in der Verfassung festgeschrieben. Gegen diese Kompetenzverlagerung klagten zahlreiche Deutsche vor dem Bundesverfassungsgericht. In der Begründung des „Maastricht-Urteils“ wurde der Begriff Staatenverbund für die EU geprägt – mehr als ein reiner Staatenbund aber auch kein Bundesstaat. Die Beschwerde war erfolglos aber wie wir heute wissen korrekt. Karl Albrecht Schachtschneider (ganz links) legte Anfang 1998 gemeinsam mit den Ökonomen Wilhelm Nölling, Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty (von links) eine weitere Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss zur Einführung des Euro ein. Nach Ansicht der vier Kläger war die Stabilität der europäischen Gemeinschaftswährung nicht gewährleistet. Die Beschwerde war erfolglos aber wie wir heute wissen korrekt.Der Vertrag von Lissabon wurde zwar im Dezember 2007 unterzeichnet und im Mai 2008 durch die deutschen Parlamente ratifiziert. Das BverG urteilte: Der Vertrag räume Bundestag und Bundesrat zu wenige Rechte ein. Die Klage gegen den Euro-Rettungsschirm I und Griechenland-Hilfen ein vor allem auf Basis der Nichtbeistands-Klausel des EU-Vertrags. Das Bundesverfassungsgericht hat die Mitspracherechte des Bundestags in Fragen der weiteren europäischen Integration erneut gestärkt.
Wie wir wissen, versteht sich die Europäische Union (EU) sich heute mehr denn je als ein Selbstzweck zur Selbsterhaltung der laufend darauf verzichtet, sich an die eigenen Rechtsvorschriften zu halten. Die Europäische Zentralbank (EZB) darf keine Staatsanleihen von EU-Mitgliedstaaten kaufen? Kein Land haftet für die Schulden eines anderen? Die Außenstände eines Staates übersteigen niemals die Marke von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)? Kein EU-Mitglied genehmigt sich ein jährliches Haushaltsdefizit von mehr als drei Prozent? Alles Makulatur. Sobald der Zweck zum Maß aller Dinge erhoben würden, wird das Recht ruiniert, die Wertegemeinschaft Europa – plural und daher relativ – ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die sogenannte Wertordnung der EU verlangt immer heftiger und dreister nach ihrer totalen Durchsetzung. Wer für sich beansprucht, im Namen eines höheren Wertes zu handeln, sucht sich auch die Macht, ihn geltend zu machen – und damit nach Möglichkeiten, das Recht zu umgehen. Nun ist zuletzt, wenn man es genau nimmt, nicht mehr viel von „europäischen Werten“ die Rede gewesen, sondern von „Europa“ als einem Wert an sich, das heißt: Europa keinerlei Mission (Freiheit, Menschenrechte, Wohlergehen seiner Bürger) – es ist sich selbst zur Mission geworden. Dieses Europa das nur noch gerettet wird, weil es gerettet werden muss – ist nur tautologischen Phrase und der „Kampf um Werte“ ein verschleierter Kampf um Macht.
Welches Europa also wollen wir? Eine Verantwortungsgemeinschaft selbst bestimmter Staaten oder eine integrierte Haftungsunion? Ein Europa des Rechts und der politischen Verlässlichkeit oder ein Europa ohne demokratische Legitimität? Welche Gestalt soll Europa annehmen, wenn es weder Staatenbund noch Bundesstaat sein soll?
Die Euro-Realisten
Die Euro-Krise jagt Deutschen Angst ein. Fast drei Viertel aller Deutschen sind sich einig: Die Schuldenkrise einiger EU-Mitgliedsstaaten, wie Griechenland, Portugal, Spanien und Italien, sowie die Auswirkungen des Schuldenkrisenmanagements für den deutschen Steuerzahler bereiten die größten Sorgen. Mit 73 Prozent erreicht diese Angst den zweithöchsten Wert, der jemals in der Ängste-Studie gemessen wurde (2011: 70 Prozent).50 Prozent der Deutschen glauben, dass der Euro ihnen “eher schadet”. 55% sind gegen den ESM. Alexis Tsipras ist Vorsitzender des griechischen Links-Bündnisses “Syriza” und der mächtigste Kritiker der griechischen Regierung. Der Ökonom und Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Hans-Werner Sinn hat den Aufruf gegen die jüngsten Beschlüsse des EU-Gipfels mit 200 weiteren Ökonomen unterzeichnet. Peter Gauweiler ist CSU-Politiker stimmt gegen den Eurorettungsschirm und möchte die “Grenzüberschreitung” bei den europäischen Verträgen verhindern. Timo Soini ist Mitglied des Europaparlaments und Präsident der Partei “Basisfinnen”. In Finnland wächst die Sorge, dass die wohlhabenden Länder Europas den Süden dauerhaft alimentieren müssen. Der Chef der rechtspopulistischen niederländischen Partei für die Freiheit (PVV) Geert Wilders sieht Überfremdung durch den Islam. Hans-Olaf Henkel war Industrie-Chef und sieht Europa durch den Euro bedroht. Die aktuelle Krisenbewältigung schränke die Demokratie in den Eurostaaten erheblich ein. Vaclav Klaus ist Präsident von Tschechien und ein ehemaliger liberaler Ökonom und meint “Der Preis für den Euro ist die Aufgabe von der parlamentarischen Demokratie und die langfristige Stagnation der europäischen Wirtschaft”, Der Ex-Finanzsenator Berlins und ehemalige Bundesbanker Thilo Sarrazin glaubt: “Deutschland schafft sich ab” und “Europa braucht den Euro nicht”.Marine Le Pen ist Chefin des rechtsradikalen Front National (FN) in Frankreich verlangte auch die Wiedereinführung des Franc an dem den Tag , an dem der Euro auseinanderbreche. Den Euro zu verlassen, sei keine Blasphemie, sagt Berlusconi.
Die Euromantiker
“Der Verzicht auf Einigung wäre ein Abschied von der Weltgeschichte” Jürgen Habermas, Philosoph
Europa erscheint den Euromantikern als homogene Einheit, dreifaltig entstanden im Namen der griechisch-römischen Antike, der Christenheit und des Heiligen Geistes der Aufklärung. Das ist zwar historischer Unfug, wie ein flüchtiger Blick auf die Geschichte des Kontinents (von den Religionskriegen bis zum Rassenwahn) zeigt. Auch wird jedermann zugeben müssen, dass Aristoteles, Jesus und Voltaire auf dem Höhepunkt ihrer Rezeptionskarrieren standen, als es die EU gab. Und doch hindert das Deutschlands Dichter nicht daran, die „alten Griechen“, die sie zu ihrem lebenskulturellen Inland zählen, beharrlich zu Kronzeugen eines einigen Europas aufzurufen.Der Kontinent werde „geistlos verkümmern“ ohne Griechenland, raunt Günter GraSS – und sein Kollege Martin Walser fantasiert: „Die Literatur war schon immer europäisch.“ halten Falsche Fakten und unklares Denken.
Die Eurovisionäre
Die Vierergruppe erzählen mit viel Pathos und viel Dringlichkei z.B. vom Grossen Sprung (da klingt China 1958 an) natürlich von Verfassungsvertrag ohne lästige Parlamentarisierung. Die doppelte Grundlage dieses Europa-Alptraums ist einerseits die Vision von der „Vollendung der europäischen Integration“ (Joschka Fischer) als historische Antwort auf die zerstörerischen Wirkungen des Nationalismus, andererseits die Notwendigkeit einer „finalité des Einigungsprozesses“ (Jürgen Habermas) angesichts buchstäblich grenzenlos gewordener Probleme (Migration, Klimawandel, Euro).”Ein Zerstören des Euro würde die Entwicklung auf null stellen” Roland Koch, Vorstandschef Bilfinger Berger und Habermas wäre „der Verzicht auf die europäische Einigung“ sogar gleichbedeutend mit Europas „Abschied von der Weltgeschichte“: Ein Kontinent mit schrumpfender Bevölkerung, schwindender politischer Bedeutung und abnehmendem ökonomischem Gewicht, so der Philosoph, müsse seine „Kräfte bündeln“, wenn es auf die Lösung globaler Probleme überhaupt noch Einfluss nehmen wolle.
Die Sorge, dass Chauvinismus und Kleinstaaterei nach Europa zurückkehren könnten, und die Angst vor der politischen und ökonomischen Marginalisierung – das sind zweifellos starke Gründe für Europa. Vor allem deshalb drängt Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) die Deutschen in der Euro-Krise dazu, ihr „Herz über die Hürde zu werfen“. Vor allem deshalb geht ein erfahrener Europapolitiker wie Karl Lamers (CDU) so weit, das Bundesverfassungsgericht wegen seines „nationalen Untertons“ zu rügen. Und genau deshalb hat Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank, versprochen, er werde „alles tun, um den Euro zu retten“.
Die Eurozentristen
Über das Ziel („mehr Europa“) herrscht also in Deutschlands Elite weitgehend Einigkeit. Völlig offen ist dagegen die Frage, wie schnell wir dieses Mehr brauchen und wer dafür wann welche Souveränitätsverzichte zu leisten hat. Und schon sind wir mittendrin in der beinharten Interessenpolitik. Denn während man in Berlin mehr Kontrolle wünscht, versteht man in Athen unter „Mehr“ vor allem mehr Transfer – und in Brüssel Plan und Nivellierung.Herman Van Rompuy etwa, dem Präsidenten des Europäischen Rates, schwebt so etwas wie ein kontinentaler Länderfinanzausgleichs vor – mit Deutschland als den Bayern Europas. Überraschenderweise haben Euro-Bonds auch in Deutschland Freunde gefunden – bei Ökonomen wie Peter Bofinger und in den Reihen von SPD und Grünen. Nur: Euro-Bonds bedeuten die Preisgabe der nationalen Finanzpolitik. Sie kommen erst nach einer radikalen Demokratisierung der europäischen Institutionen infrage – und können sie keinesfalls erzwingen. Im Gegenteil. Eine Solidarhaftung ohne europäische Zentralregierung fördert – wie es gegenwärtig eine dysfunktionale Währungsunion tut – nicht die Integration des Kontinents, sondern Entsolidarisierung und Chauvinismus.
Die Euroskeptiker
“Deutschland geht es auf Dauer nur gut, wenn es Europa gut geht” Angela Merkel, Bundeskanzlerin. So hat Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher zuletzt Bayerns Finanzminister Markus Söder („An Athen muss ein Exempel statuiert werden“) vorgeworfen, er rede, nicht zuletzt aus wahltaktischen Gründen, „neonationalistisches Blech“. Das stimmt natürlich. Einerseits. Andererseits ist es nicht abwegig, sich vor einem Europa zu fürchten und man darf fragen, aus welchen Gründen die Skeptiker des Euro, die bereits vor zehn Jahren vor den Folgen seiner Einführung warnten, heute nicht etwa rehabilitiert, sondern endgültig zum Schweigen gebracht werden sollen. Und schon gar nicht abwegig ist mit Blick auf all die notfallpolitischen Maßnahmen der vergangenen zwei Jahre der Argwohn, dass „Krisen, die sich ihrem Höhepunkt nähern, gelegentlich Rettungsvorschläge provozieren, die ihren katastrophalen Ausgang noch beschleunigen“, so der Philosoph Hermann Lübbe. Der Souveränitätsverlust demokratisch verfasster Nationalstaaten hat durch die Legitimitätsschwäche der Euro-Hilfen fraglos eine neue Qualität erreicht. Sicher, Gauweiler erinnert an die Verpreußung Bayers, um die Verbrüsselung Münchens zu verhindern und hält an einem „Europa der Regionen“ fest und an Subsidiarität, Selbstbestimmung und Wettbewerb gegen Zentralismus, Fremdsteuerung und Gemeinhaftung. Denn wenn Gerechtigkeit „die Wechselseitigkeit von Rechten und Pflichten“ meint, so der Philosoph Otfried Höffe, dann muss die Frage erlaubt sein, ob sich Deutschland – das mit 27 Prozent für die Eskapaden der Europäischen Zentralbank haftet, im EZB-Rat aber nur über eine Stimme verfügt – nicht schon mehr Solidarität geleistet hat, als sie Europa gut tut.
Die Eurotechniker
“Die Emission von Euro-Bonds kann das Element einer Fiskalunion sein” Herman Van Rompuy, EU-Ratspräsident. Gewiss, Krisen können Katalysatoren des Fortschritts sein – und großen Ideen auf die Sprünge helfen. Aber bevor man nach „mehr Europa“ verlangt, sollte man wissen, was „Europa“ ist: ein immer etwas unfertiger Kontinent, auch und gerade institutionell. Gegenwärtig sieht dieses Europa so aus: Es gibt die Europäische Union (27 Mitglieder, ohne Norwegen und die Schweiz) und das Schengen-Europa der Reisefreiheit (etwa ohne England, Irland, Rumänien), es gibt die Euro-Zone (17 Mitglieder, unter anderem ohne Schweden und Dänemark), Länder mit festem Wechselkurs zum Euro (etwa Bulgarien) sowie Länder mit freiem Wechselkurs (etwa Polen). Es gibt die EU-Fiskalunion, in der sich die Staaten wechselseitig Haushaltsdisziplin zusichern (ohne England und Tschechien) und den europäischen Bildungsraum (45 Mitglieder), der Russland und die Türkei einschließt, es gibt ständig neue Beitrittskandidaten (Kroatien) – und natürlich gibt es auch Länder wie Österreich und Finnland, die zwar Teil der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik sind, nicht aber der Nato angehören. Kurzum: „Europa“ ist vor allem ein Euphemismus, ein sich vielfach überlappendes Institutionengeflecht mit multiplen Interessenlagen. Fiskalunion, Schuldenbremse, Bankenkontrolle, Wachstumspakt – fertig ist Merkels „Mehr-Europa“: ein sündhaft teurer Krisenwiederholungs-Apparat.
Die Eurodilletanten
DeEin EU-Vertrag, der Kontrollmacht nach Brüssel verlagert, ein europäischer Finanzminister, die Direktwahl des EU-Kommissionspräsidenten, die Stärkung des EU-Parlamentes (Recht auf Gesetzesinitiative). Die Arbeit auf der Baustelle Europa hört nie auf. Doch was, wenn sich am Ende herausstellt, dass Europas Architekten in Wahrheit Ruinenbaumeister sind? Dass es sich bei ihnen zwar um lausige Fassadenarbeiter, aber um noch lausigere Statiker handelt, die hinter der Kulisse der neuen Politischen Union einen gigantischen Trümmerhaufen aufschütten? Haben nicht Europas Zentralbanker das gemeinsame Haus Europa, so der Soziologe Wolfgang Streeck, längst „zu einem Einlagesicherungssystem und Inkassobüro für Staatsschulden“ umgebaut? Sind die Euro-Retter nicht schon längst in die Falle einer Wertlogik gelaufen, derzufolge gilt, „dass für den höchsten Wert (Europa) der höchste Preis nicht zu hoch ist und gezahlt werden muss“ (Carl Schmitt)? Hat die Politik nicht laufend EU-Verträge verletzt, die sie nun gelobt, umso strikter zu fassen? Und träumen sich die Intellektuellen nicht nur deshalb so dringlich eine „europäische Heimat“ herbei, weil sie ahnen, dass ihre Identitätsfantasien restlos erschöpft sind.
Die Euroillegalen
Die Herren über den EuroMario Draghi ist seit 1. November Präsident der EZB. Zuvor war er Gouverneur der Banca d’Italia (2006-2011) und Vizepräsident von Goldman Sachs in London (2004-2005).Vizepräsident der EZB ist der Portugiese Vítor Constânciound gilt als Befürworter des Ankaufs von Staatsanleihen der Krisenländer EZB-Chef Draghi berief er stattdessen den Belgier Peter Praet als neuen Chefvolkswirt und der gilt alsgroßer Befürworter von Anleihekäufen. Der Franzose Benoit Coeure bekam die Leitung der Abteilung Märkte. Damit hat er auch eine wichtige Rolle bei der Koordination der umstrittenen Staatsanleihenkäufe der EZB.Neben dem EZB-Direktorium ist der EZB-Rat das formale Beschlussorgan der Euro-Notenbank. Der EZB-Rat besteht aus den sechs Mitgliedern des Direktoriums sowie den 17 Chefs der nationalen Notenbanken der Eurozone. „Wir leben in der Illegalität“, sagt der Staats- und Verfassungsrechtler Paul Kirchhof – wohl wahr. Deutschland und Frankreich haben frühzeitig die Maastricht-Verträge gebrochen. Fast alle Länder haben sich maßlos verschuldet. Die EZB arbeitet längst nicht mehr im Rahmen ihres Mandats (Geldpolitik). Deshalb haben wir es nicht mit der Bagatelle einer „Refinanzierungskrise einzelner Staaten“ (Habermas/Bofinger) zu tun, sondern mit einer handfesten Rechtskrise: Ihre Bewältigung „glückt“ nur deshalb, weil man sich mit der Verletzung von EU-Verträgen über die Verletzung von EU-Verträgen hinwegsetzt. Wie wäre es also, um es mit dem Ökonomen Otmar Issing auf den Punkt zu bringen, „wenn man den Ruf nach ,mehr Europa‘ zumindest fürs Erste ablöste durch das Motto ,pacta sunt servanda‘ “?
Die Eurodiktatoren
Der Widerspruch zwischen nationaler Souveränität und gemeinsamer Währung wird durch die Euro-Rettung nicht aufgelöst, sondern bestätigt. Aber eben deshalb gilt: Ohne eine gründliche Debatte über das Wesen, das Verhältnis und die Verteilung von Souveränität und Hoheitsrechten darf am Haus Europa nicht weiter gebaut werden. Der Kern der Krise ist die Ununterscheidbarkeit von Staats- und Bankschulden, von Gläubigern und Schuldnern: Wenn Staaten heute Staaten retten, dann retten Staaten in Wahrheit Banken, die Staaten retten, um Banken retten zu können. Anders gesagt: Staaten und Banken sind heute nur noch deshalb füreinander da, um sich wechselseitig den Ruin zu ersparen. Die Politik hat die Aufgabe, diese Verquickung zu lösen – und sie schafft das am besten mit einem Rückbau, der Europa eine Haftungsunion mit Zentralregierung erspart. Dazu muss sich die Politik einerseits ihrer Abhängigkeit von den Banken entledigen, Selbstbescheidung üben – und die Insolvenz von Einzelstaaten ermöglichen, ohne den Zusammenbruch des Banksystems zu riskieren. Auf der anderen Seite muss sie den Banken wieder die Möglichkeit einräumen, für eingegangene Risiken haften zu dürfen. Trennbanksystem, eine hohe Eigenkapitaldeckung bei der Ausgabe von Staatsanleihen, eine drastische Erhöhung der Mindestreserve – es gibt keine Denkverbote. Hauptsache, so Oxford-Ökonom Clemens Fuest, die Spekulation mit Steuergeld hört auf.