Der zölibatäre Priester lebt im Angesicht des Heiligen.
Wieder plärren sie herum, die deutschen Katholiken-Funktionäre und Gremienrebellen, mit hochgesteckten Hälsen, und verbreiten “Umsturz” und “Neuanfang” in den immer gewogenen Medien. Und natürlich: “Aus Sorge.”
Vor einigen Tagen haben prominente Bundestagsabgeordnete der CDU in einem offenen Brief “aus Sorge” vor dem mangelnden Priesternachwuchs die Zulassung von verheirateten “vir probati” zum Priesteramt gefordert. Nur eine Woche später folgte ein Brief von 144 deutschen Theologen, die, ebenfalls die Aufhebung des Zölibats fordern, die Priesterweihe für Frauen, Beteiligung der Basis an der Wahl der Bischöfe und der Pfarrer, den Segen für schwule Lebensgemeinschaften, und vor allem ein Ende des “moralischen Rigorismus”.
Zweifellos ist die Zahl der Priesteranwärter dramatisch zurückgegangen. Noch dramatischer aber ist der Rückgang der Gottesdienstbesucher, womöglich, weil sie in der Kirche immer weniger jenes Geheimnis spüren, jene Transzendenz aus Liturgie und Wandlung, die sie früher in Bann geschlagen hat. Ist da vielleicht zu viel Aufklärung, zu viel gewöhnliche Sozialarbeit zuviel Talkshow im Andachtsraum?
Am dramatischsten ist der Gläubigenverlust ironischerweise bei den Protestanten, und die haben doch alles, was das profane Herz begehrt, verheiratete Priester und geschiedene Bischöfinnen die besoffen Autofahren, schwule Lebensgemeinschaften in Pfarrhäusern und Laienbeteiligung, und viel Verständnis für Muslime.
Wie wär’s, wenn sich Politiker und Theologieprofessoren wieder einmal als einfache Katholiken begreifen würden? Wenn sie sich weniger mit Medien und Kirchenpolitik beschäftigten und sich stattdessen öfter mal hinknien, das Haupt senkten, beteten und um göttliche Gnade und Einsicht bäten. Und in den Vordergrund brächten, worum es geht, nämlich um die Liturgie, um die Sakramente, um die Beichte, um all das, was den Katholizismus im Kern ausmacht. Das Himmelreich ist nahe, aber wohl nicht für die katholischen Pharisäer im Tempel die evangelisch werden wollen.
Erzbischof Joseph Ratzinger: “Wenn der Zölibat der Weltpriester nicht eine gemeinschaftliche kirchliche Form ist, sondern eine private Entscheidung, dann verliert er seinen wesentlichen theologischen Gehalt. (…) Dann ist er nicht mehr zeichenhafter Verzicht um des im Glauben übernommenen Dienstes willen, sondern Eigenbrödlerei, die deshalb mit gutem Grund verschwindet.”
Für mich ist das klar, das ist deutlich, das macht Sinn.
Die Verbissenheit jedoch, mit der sich jeder antikirchliche Kampf immer wieder auf den Zölibat versteift, macht deutlich, wie wichtig er als Alleinstellungsmerkmal der katholischen Kirche offenbar ist. Mit Recht. Der Zölibat ist ein Zeichen. Er unterscheidet den katholischen Priester von seinen protestantischen Kollegen und macht deutlich, dass er sichtbar die monastische Existenz im Alltag gewählt hat und damit eine transzendente Gegenwelt inmitten der unsrigen. Er ist eine Provokation. “Kein Lippen- sondern ein Lebensbekenntnis”. Ich spür das bei Priestern die ich schätze.
Der zölibatäre Priester lebt im Angesicht des Heiligen. Er ist nicht der Kumpel, sondern die Respektsperson, der man aus einer Andachtsdistanz heraus begegnet. Wollen wir das aufgeben für die ganz gewöhnlichen Betriebsnudeln, denen man in Bundestagsausschüssen oder auf Kirche-von-unten-Flohmärkten begegnen kann? Warum man ausgerechnet den Priestern die Ehe fast aufzwingt, die ja angeblich schon Jahrzehnte tot ist erschliesst sich mir nicht. Warum ausgerechnet ein Ende des “moralischen Rigorismus” ein probates Mittel gegen die winzig kleine Minderheit pädophiler Priester sein soll, erschließt sich ebenfalls nicht so recht. Der Lieblingstäter der Presse und Feministen ist ja der Familienvater, zeigt er doch den Abgrund der Ehe. Sollte die moralische Sperre nicht eher noch viel rigoroser sein? Würden sich Pädophile mit einer weniger rigiden Moral eher dem Briefmarkensammeln zuwenden als sich an Schutzbefohlenen auszutoben? Der Sozialtherapeut der hunderte missbrauchte in Bern, lebte er im Zölibat?
Die geistliche Anstrengung und Askese, die uns unsere Priester vorleben, spüre ich, mitten im Alltag, weil sie eine Ahnung geben, dass es im Leben um mehr gehen kann als darum, sich den Wanst vollzuhauen und mit welcher Präferenz auch immer zu vögeln.
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