Das Plebiszit ist in einer repräsentativen Demokratie offiziell das wichtigste Mittel des Volkes direkt am Staatsgeschehen teilzuhaben. Wer gegen Volksabstimmungen ist, der muss letztlich auch gegen freie Wahlen sein. Die Arroganz der sogenannten Eliten, die glauben ein Regulativ gegen die verführten Plebejer (lat. das Volk)sind , wird nur übertroffen durch geschichtliche Unkenntnis. Wer wirklich ernsthaft schreibt, “Politiker und Parteien sind verpflichtet, auch für sie zu denken”, dem ist intellektuell nicht mehr zu helfen, er unterstellt das Wähler weniger gut denken als die Gewählten – ein leichter Widerspruch. Es waren auch die sogenannten Eliten, die Hitler an die Macht brachten.
In der Demokratie griechisch: demos, “Volk”, und kratein, “herrschen”, geht die Macht vom Volk aus und es ist somit höchster Gewaltträger. Das Volk kontrolliert und legitimiert die konkrete Regierungsgewalt. Das Volk herrscht, nicht die Politiker und die “Chattering Class” mit Zugang zu den Medien.
Wenn ich den Sturm der Entrüstung gegen die Schweizer verfassungsrangige Bauvorschrift mit dem ohrenbetäubenden Schweigen nach den Todesurteile für Demonstranten (wieder das Volk) im Iran vergleiche, scheint mir die wahren Nichtdemokraten sind jene, welche Demokratie nur dann nicht als Populismus ansehen, wenn sie ihr kleine, selbstgezimmerte Welt nicht durch Realität tangiert.
Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?
Wer Mehrheiten ablehnt ist undemokratisch. Zwischen einem Plebiszit und einer Wahl ist nämlich kein Unterschied.
Plato war auch kein Demokrat. Allerdings das die, welche das Volk entmündigen wollen, auf weisere Führer (und sich selbst natürlich) verweisen ist schon ironisch.Adolf Hitler ist nicht durch Wahlen an die Macht gekommen. Vielmehr wurde ihm die Macht als Reichskanzler durch den Reichspräsidenten in einem Moment übertragen, als sein politischer Stern bereits wieder zu sinken schien.
Hindenburg war 1925 von einer Koalition von Demokratiegegnern und -feinden ins Amt gewählt worden.
Katholische Mittelschichtangehörige wählten bevorzugt das Zentrum oder die Bayerische Volkspartei. Wo viele Angestellte lebten, hatte es die NSDAP schwerer aber positiv wird das NSDAP-Ergebnis vom Beamtenanteil beeinflusst. Erstaunlich hoch war der Arbeiteranteil innerhalb der DNVP- und der NSDAP Wählerschaft.
Auch klar, weil bemerkenswerte soziale Vergünstigungen von den Nazis versprochen und umgesetzt wurden. Der Historiker Götz Aly hat mit seinem Buch “Hitlers Volksstaat – Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus” diese “passive und zufriedene Bevölkerungsmehrheit” gut beschrieben.
Hingegen der Schweizer, über Jahrhunderte etablierten und bewährten Demokratieform gleich die politische Reife abzusprechen, nur weil der Souverän einmal anders entschieden hat, als man sich das vielleicht selber gewünscht hat, lässt tief blicken.
Ich habe einige Jahre in der Schweiz gelebt, als Consultant fast in jede Region gearbeitet und ich kann nur sagen, dass dort in einem Masse politisch aufgeklärt, informiert und gestritten wird, wie es für Deutschland und Europa nur vorbildlich sein kann. Der Schweizer Stimmbürger ist sich seiner Verantwortung absolut bewusst und hat in den letzten Jahren komplexe und unpopuläre Entscheidungen in Volksabstimmungen weise getroffen.
Die Minarett-entscheidung ist auch nicht auf eine allgemeine Fremdenfeindlichkeit/Intoleranz der Schweizer zurückzuführen. Ein Land mit vier unterschiedlichen Landessprachen und einem Ausländeranteil von über 20% hat durchaus viele Mechanismen entwickeln müssen. Den Schweizer gibt es sowieso nicht, ich hab die Schweiz alle 50 km anders erlebt (ganz zu schweigen von Röstligraben und Alpengrenze zum Tessin). Gemeinsam ist aber den Schweizern ein herrlich pragmatischer und unabhängiger Verstand. letztlich ist es im guten Sinne bäuerlich geprägte Denkweise mit einer Klarheit wie bei Max Frisch. Da kann ein Politiker oder Intellektueller noch so oft sagen, die Sonne scheint. Der Schweizer kuckt aus dem Fenster und stellt fest, es regnet oder eben nicht.
Daher werden sie sich bei uns und anderswo (Frankreich, Grossbritannien) angesehen haben, wie ungenügend dort der Umgang im interkulturellen Bereich gelöst wurde, und welche Problem und Kosten das verursacht. Die Schweizer Wähler haben Weitsicht bewiesen, die Volksabstimmung war keineswegs am rechten Rand.